Haushalt 2024 – Unsere Haushaltsrede

Haushalt 2024 – Unsere Haushaltsrede

von Tobas McFadden, Axel Höpner und Stefan Berchtold

Haushaltsrede MfG/Piraten 2024

– Begrüßung BGM, Verwaltung, KollegInnen, PressevertreterInnen, Gäste

Liebe Anwesende und Fernzugeschaltete,

Eigentlich macht die Gemeinde Gauting nicht viel falsch: wir erfüllen unsere Aufgaben zu großen Teilen: haben einen vorzeigbaren Schulcampus, über 1000 Kinderbetreuungsplätze, eine rege Vereins- und Kulturlandschaft und Sportleben, 5 Feuerwehren etc. Im reichsten Landkreis Deutschlands sind wir als Kommune jedoch notorisch unterfinanziert. Um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu erreichen, müssen anhand der bekannten strukturellen Finanzdefizite der Gemeinde Gauting dieses Jahr noch weiterreichende Sparmaßnahmen vorgenommen werden als schon in den Vorjahren. Natürlich muss auch die Gemeinde Gauting versuchen, ihre Einnahmen zu verbessern, aber der eigentliche dringliche Appell muss hier an Bund und Länder gehen, endlich für eine angemessene und gerechte finanzielle Ausstattung ihrer Kommunen zu sorgen – nur so können Bildungsgerechtigkeit und vergleichbare Lebensverhältnisse und Chancen für alle entstehen und einem Auseinanderdriften der Gesellschaft und einem Erstarken des Rechtsextremismus begegnet werden.

Wie jedes Jahr sind wir als Gemeinderät*innen bei der Haushaltserstellung in der unkomfortablen Situation, dass uns zur Vorberatung und Planung zum Zeitpunkt der Sitzungen nur bereits veraltete Zahlen vorliegen, die kurzfristig mit neuen Steuerschätzungen, Schlüsselzuweisungen und umfassenden Änderungslisten auf aktuellen Stand gebracht werden. Das ist nicht nur für die Verwaltung viel Arbeit, sondern auch sehr unübersichtlich. Ergebnisse einzelner Stellen vom Vorjahr, die teils in Sitzungen auf Anfrage zur Verfügung stehen, ändern unsere Einschätzung oftmals und machen Gedanken und Anträge oft schon zur Beratung obsolet, da sie von aktuelleren Zahlen überholt werden.

Versuche Einzelner, die PDFs in Handarbeit in auswertbare Tabellenformate zu überführen, scheitern schon am schieren Zeitaufwand, die notwendigen Formeln manuell aufzusetzen- und ändern nichts am Grundproblem, dass wir immer einen Schritt hinterher sind und der Verwaltung viel Arbeit verursachen.

Wünschenswert wäre daher eine amtsübergreifende Verwaltungssoftware, die nicht nur der Kämmerei, sondern auch dem Gemeinderat jederzeit aktuelle Einblicke in die Finanzsituation einzelner Kostenstellen ermöglicht, sowie umfassende Auswertungen und damit einen Überblick über die Kostenstellen, Gruppierungen, Einzelpläne und die Gesamtsituation ermöglicht.

Wir werden auch in den kommenden Jahren nicht umhin kommen, den Haushalt auf weitere Einsparungsmöglichkeiten zu durchforsten. Der Verwaltungshaushalt ist von vielen Verpflichtungen und Ausgaben dominiert, die wir kaum beeinflussen können. Teilweise können wir aber die Ausführung und Schwerpunkte bestimmen. Auch und gerade bei den gemeindlichen Pflichtaufgaben müssen wir daher den jeweiligen Umfang diskutieren.

Ein möglicher Ansatz wäre dabei eine Budgetierung von Gruppierungen oder Einzelplänen unter Berücksichtigung und ggf. Ausklammerung derer unabänderlicher, notwendiger oder verpflichtender Kostenstellen – vorgreifend der kleinteiligen Betrachtung einzelner Kostenstellen.

Dieses Jahr betreffen geplante Einsparungen auch und besonders die Kultur, den Sport, das Soziale und ganz allgemein das Vereinsleben in Gauting, wo wir quer durch alle Bereiche Zuschüsse gekürzt haben.

Diese sogenannten “freiwilligen” Leistungen bilden aber einen hohen Wert unserer kommunalen Daseinsfürsorge. Kürzungen betreffen nahezu alle unserer Einwohnerinnen und Einwohner, auch und gerade finanziell schwächer gestellte. Wir reden oft von der Schaffung günstigen Wohnraums, um dringend erwünschten und benötigten Menschen das Leben in Gauting zu ermöglichen. “Leben” ist aber nicht nur “Wohnen”. Die Musikschule ermöglicht hochwertigen Musikunterricht auch für Kinder, deren Eltern sich kein eigenes hochwertiges Musikinstrument und keinen Privatunterricht zuhause leisten können. Das Bosco ermöglicht Zugang zu hochrangiger Kultur auch ohne Abo der Kammerspiele oder Philharmoniker und ohne Fahrten nach München. Das Gautinger Schwimmbad ermöglicht Kindern frühzeitig den Umgang mit Wasser, das Erlernen des Schwimmens und ersetzt oftmals den Flug in ferne Urlaubsländer. Im Jugendzentrum kann sich austoben und dabei soziale Kompetenz erwerben, wer dazu daheim keine Möglichkeiten hat. Die Sportvereine bieten niederschwellige und attraktive Angebote für Jung und Alt, die Bibliothek ermöglicht den Erwerb von Lese-, Medienkompetenz und Bildung – um nur eine handvoll Beispiele zu nennen. Viele weitere unserer Vereine, unserer sportlichen, kulturellen und sozialen Einrichtungen bilden das Fundament für das gesellschaftliche Zusammenleben unserer Gemeinde. Wir müssen dieses oftmals ehrenamtliche Engagement entsprechend wertschätzen – und Zuwendungen oder Kürzungen entsprechend sachlich begründen können. Leider hatten wir nicht den Mut, die notwendige Diskussion darüber öffentlich zu führen, sondern haben uns dazu hinter verschlossenen Türen versteckt. Wir -als MfG/Piraten- sehen diese Kürzungen als temporär an und wollen diese Entscheidungen in Zukunft wieder offen herbeiführen und im Rahmen unserer Möglichkeiten für eine angemessene Ausstattung dieser wichtigen Einrichtungen sorgen. Wir können nur hoffen, dass bei den Betroffenen das Verständnis für die gemeinsame Aufgabe die Enttäuschung abmildert.

Bei dieser Gelegenheit ein Appell an alle Gautinger*innen (Gemeindeteile mitgemeint): nutzt und unterstützt die Angebote! Kauft Jahreskarten/Abos für z.B Schwimmbad/Bosco! Geht ins Kino, holt euch den Festivalpass! Spendet an Theaterforum, GSC, EKP oder andere der über 100 Vereine. Ohne ein gemeinsames Engagement kriegen wir’s nicht hin.

Neben schmerzlichen Ausgabenkürzungen muss unser Fokus aber auch weiterhin auf einer Erhöhung der Einnahmen liegen.

Gauting ist ein attraktiver Gewerbestandort. Wir unterstützen die Schaffung neuer Gewerbeflächen für Betriebe, denen es im Ort an Expansionsmöglichkeit fehlt, und auch für neue Gewerbesteuerzahler. Dabei muss Flächenfraß vermieden und bestehende Infrastruktur wo immer möglich genutzt werden. Kommunaler Klimaschutz und eine zukunftsfähige ökologische Ausrichtung unserer Gemeinde dürfen nicht durch unkontrollierte Expansion gefährdet werden. Bis neue Gewerbegebiete einen signifikanten Beitrag zur Gewerbesteuer leisten, vergehen aufgrund der langen Planung und der Abschreibung der Firmeninvestitionen viele Jahre; die notwendige mitwachsende Infrastruktur frisst den Mehrwert schnell auf.

Darüber hinaus plädieren wir daher für eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes, welche schon kurzfristig rund eine Million Euro an weiteren Einnahmen pro Jahr bewirken könnte. Auf diesem Weg würden Unternehmen einen kleinen Mehrbeitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten, wie wir es auch unseren Bürgern z.B. durch die Erhöhung von Gebührensatzungen abverlangen. Auch eine Erhöhung der Grundsteuer wird zu erwägen sein.

Der Investitionsstau ist enorm. Feuerwehrhaus, Kindergärten, Schulen, Schwimmbad und Sportvereine werden uns maximal fordern in den nächsten Jahren – deshalb ist eine ehrliche Debatte notwendig, welche Projekte in den kommenden Jahren wirklich realisierbar sind, wie dafür realistische Kostenschätzungen und Refinanzierungsmöglichkeiten aussehen, und in welcher Reihenfolge sie angegangen werden sollen. Es müssen wohl auch Möglichkeiten privater Investitionen in diese Strukturen ausgeschöpft werden.

Unser Dank geht an alle Mitwirkenden der Haushaltsaufstellung der letzten Wochen, den Kolleginnen und Kollegen im Rat für die sachliche Diskussion, der Verwaltung für eingebrachte Vorschläge und hilfreiche Erörterungen, und insbesondere der Kämmerei und Herrn Hagl für das ständige Abfragen, Aufbereiten und Einpflegen immer neuer Änderungen.